Das "Café" Marais in der Parkstraße ist fast zu schön, um wahr zu sein. An der Fassade prangt noch der Schriftzug Hans Mier, denn bis Ende letzten Jahres war hier ein alteingesessenes Bekleidungsgeschäft. So verstaubt und bieder hatte die Ware hier die Jahrzehnte überdauert, dass die Restbestände nun als Szeneklamotten nebenan in der Secondhand-Hand- Boutique "Herrenabteilung" verkauft werden. Noch immer, sagt Alexandra  Baumann, eine von drei Marais- Geschäftsführerinnen, kommen manchmal alte Männlein herein und fragen irritiert nach grauen Strickpullundern. Das ist nicht ganz abwegig, denn das Café hat fast das gesamt Interieur übernommen. 50er Jahre-Möbel, die alte Verkaufstheke, Schneiderschübe und Spielzeug aus der Zeit der vorletzten Jahrhundertwende sind von wunderlich aus der Zeit gefallenem Gepräge. Statt der Auslegeware kann man nun Menschen im Schaufesnter sitzen und Kaffe trinken sehen, als handele es sich um Living Sculptures.Zum Mythos der Vermischung von Gegensätzlichem passt, dass das Marais nicht nur ein Café ist, sondern zugleich ein Laden, in dem viele der herumstehenden Möbel zum Verkauf stehen, aber auch Schmuck, Tücher, Hüte und Bio-Kosmetik. Auf eingleisige Lebensläufe stößt man hier im Viertel kaum. Jeder scheint immer mindestens drei
Dinge gleichzeitig zu machen. (...)
Süddeutsche Zeitung
Dienstag, 25. September 2007
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